Benefizkonzert - Nur einmal schien James Last durch
Maria Schulze Elfringhoff • 9. Januar 2018
Saerbeck - Manche Tannenbäume sind schon aus den Wohnzimmern geflogen, die Heiligen Drei Könige waren auch schon da, und das war es jetzt mit der weihnachtlichen Idylle? Nicht so in Saerbeck, wo die Friedensbotschaft der Feiertage quasi als Reminiszenz in Form des traditionsreichen Benefizkonzerts des Kolping-Blasorchesters und des Kirchenchors in der St.-Georg-Kirche musikalisch nachklang.

Unter dem Motto „Mit und durch Musik helfen“ präsentierten sie gemeinsam mit dem, als „Meisterchor“ ausgezeichneten, „ars musica ensemble“ ein ansprechendes Programm, mit dem sie das zahlreich erschienene Publikum in dem noch festlich geschmückten Gotteshaus verwöhnten. Mit „Cassiopeia“ von Carlos Marques zeigten Uwe Krause und sein Orchester, wie hochwertige sinfonische Blasmusik klingen muss. „Boccherini’s Melodie“, die ein wenig an seichte James Last-Unterhaltung
erinnerte, war beim Weihnachtskonzert in der Bürgerscheune weit besser aufgehoben, als in diesem Rahmen.
Gesangskultur auf hohem Niveau lieferte das „ars musica ensemble“ unter der Leitung von Alexandros Tsihlis, der in den Proben so lange an jedem Detail herumfeilt, bis auch jede Nuance stimmt. Ob in dem technisch höchst anspruchsvollen „God be in my head“ von John Rutter, Martin Asanders „Peace“ oder dem „Ave Maria“ von Rihards Dubra, so ein homogenes Klangbild mit feinsten Differenzierungen vom zarten pianissimo bis zum kraftvollen fortissimo innerhalb weniger Takte, ist selten zu hören. Blitzsaubere Intonation gehört genauso dazu wie größte Sensibilität im Umgang mit der Stimme. Die derzeitige Besetzung scheint dem Ensemble gut zu tun.
Feierlich und romantisch zugleich ging es mit „Adeste fidelis“, dem populären „Halleluja“ von Leonard Cohen und „Beethoven’s Romance“ der Kolping-Bläser weiter. Weihnachtliches Flair versprühte der Kirchenchor unter dem Dirigat von Christoph Brehm mit Kompositionen wie beispielsweise „Singt Jubellieder“ oder „Ich steh an Deiner Krippe hier“. Als eindrucksvolle Hymne intonierten die Sängerinnen und Sänger „Liebe kam zur Weihnacht“ mit viel Leidenschaft und Musizierfreude.
Das große Finale aller Beteiligten „Nun danket alle Gott“ sorgte für wahre Beifallsstürme. „Mittlerweile ist es das vierzehnte Benefizkonzert, das wir hier erleben dürfen und ein schöner Brauch, um zu helfen“, erinnerte Pfarrer Peter Czeglarek in seiner kurzen Ansprache an die Ursprünge der Tradition.
Nach der Tsunami-Katastrophe vom 26.12.2004 war das Bedürfnis da, etwas aktiv zu tun. Seitdem laden das Kolping-Blasorchester und der Kirchenchor wechselnde Saerbecker Chöre zum gemeinsamen Konzert ein, um mit Hilfe dieser Spendengelder Projekte wie etwa in Rietavas, in Indien, Afrika oder auch vor Ort wie im Haus Hannah in Emsdetten zu unterstützen.
Der Erlös von 1200 Euro in diesem Jahr geht zum einen an die Partnergemeinde St. Theresa in Damongo/Ghana, die dringend Nahrung, Kleidung, Medikamente und nicht zuletzt Gelder für die Schulbildung benötigt und zum anderen an die eigene Gemeinde zur weiteren Renovierung der St.-Georg-Kirche.

„Ihr seid von einem anderen Planeten“, so der Glückwunsch eines fachkundigen Zuhörers an das ars musica ensemble nach seiner mit zweimal „sehr gut“ und zweimal „gut“ bewerteten Meisterchorprüfung. Am vergangenen Samstag und Sonntag stellten sich insgesamt 37 Chöre aus allen NRW-Regionen dem Leistungssingen des ChorVerbandes NRW in Rheine, um den Leistungs-, Konzert- oder Meisterchor zu erringen. „Wir verteidigen unseren Titel heute zum dritten Mal“, so Dirigent Alexandros Tsihlis, „unser Anspruch an uns selbst ist es, den Titel zu verdienen mit meisterlichem Gesang, stimmlich sowie stilistisch. Jedes unserer Wettbewerbs-Werke ist anders und verlangt eine eigene Art des Vortrags. Wenn wir meisterhaft singen, können wir eine entsprechende Wertung bekommen.“ Nach dem Einsingen und Einstimmen auf die Wettbewerbsvorträge ging es dann Samstag Vormittag für Alexandros Tsihlis und die 20 Ensemblemitglieder auf die Bühne des trotz früher Stunde bereits gut gefüllten Saales. Die Jury war hochrangig besetzt mit den Mitgliedern des Musikrats des Chorverbandes NRW e.V., Juryvorsitzender Willi Kastenholz und Hans-Josef Loevenich, dem Mitglied des Musikausschusses Ute Debus sowie dem Schul- und Kirchenmusiker Harald Jüngst. Für den Meistertitel sind vier Chorwerke aus unterschiedlichen Epochen zu singen. In allen Epochen vom Mittelalter bis zu zeitgenössischen Werken zuhause, hatte das ars musica ensemble einen stilistisch weiten Bogen gespannt: Text und Melodie von „Kume, kum Geselle min“ stammen aus dem 13. Jahrhundert, der vierstimmige Satz von Jacob Christ entstand 1967. Das zweiteilige „Sicut cervus desiderat“ von Giovanni Pierluigi da Palestrina entstand in der Renaissance. Der Vortrag polyphonischer Kompositionen dieser Epoche zeichnet sich durch ein perfektes Legato und die Tongabe mit einer feinen Dynamik jeder gesungenen Phrase aus. Als Pflichtchorwerk aus dem Leistungssingen-Katalog des ChorVerbandes hatte sich das ars musica ensemble „Lobe den Herrn“ des erst 25 jährigen Max Rädlinger ausgesucht. „Es hat uns mit seiner außergewöhnlichen Rhythmik sofort gepackt“, sagt Alex Tsihlis begeistert. „Der Junge ist toll, ich bin von seiner bereits absolut reifen Kunst fasziniert“. „Sehr gut“ war die Wertung der Jury. Außer dem ars musica ensemble hat nur noch ein einziger der 37 Wettbewerbs-Chöre dieses Stück zum Vortrag ausgewählt. Beim fulminanten Schlussvortrag „Tanz, Mädchen, tanz!“ , bearbeitet von Johann Heinrich Koch hatte ars musica sichtlich Spaß an der Darstellung des Mädchens, das viel lieber tanzen geht als zu Spinnen. „Tanzen, tanzen, wiederum tanzen - O weh, mein Fuß wenn ich arbeiten muss.“Das Potpourri aus überlieferten Melodien des 19. Jahrhunderts lädt mit seinen Variationen, variabler Rhythmik und Tonalität zu sehr plastischem, dynamikreichen Gesang ein. Auch der Saerbecker Bürgermeister Wilfried Roos fieberte mit, drückte die Daumen und gratulierte dem ars musica ensemble per Mail zu seinem Erfolg.